"WOC - World Of Comics"

Was wir waren - was wir sind

 

Auf dem Comicfest 2003 begann es als spontaner Zeichentreff mit damals sechs jungen Nachwuchszeichnern und zwei aufstrebenden jungen Comic-Profis. Einen Monat später war es ein regelmässiger offener Zeichenkurs mit 12 SchülerInnen und zwei überraschten Lehrern. Evi Poxleitner und Samar Ertsey nahmen sich der 14- bis 18- jährigen KünstlerInnen an und schafften es irgendwie, jeden Freitag einen Ort zu finden, an dem sich kreative junge Wilde zusammen künstlerisch austoben konnten.

Es waren verrückte Zeiten, wenn man so zurückblickt. Zwischen Biergärten und leerstehenden Seminarräumen an der Münchner Universität "schmuggelte" sich unsere stetig wachsende Truppe durch, unter einem klaren Motto: "Spaß haben, ohne Geld dafür auszugeben!" Denn um Geld ausgeben zu können, hätten wir erst welches gebraucht!

Innerhalb eines weiteren Jahres hatte sich aus dem offenen Zeichenkurs eine eng freundschaftlich verbundene Truppe von jungen Künstlern entwickelt, die sich einen Namen geben wollte. In Anbetracht der vielen talentierten Manga-Zeichner, die sich bei uns versammelt hatten, suchten wir etwas Asiatisch Angehauchtes: Der Wok wurde unser Logo, und der Name "World Of Comics" das neue Programm: WOC sollte einen Einblick in die Welt eines professionellen Comiczeichners in Deutschland gewähren, in die "World Of Comics". Mit diesem Konzept traten wir an die Landeshauptstadt München heran, die uns seitdem jährlich finanziell unterstützt haben, wofür an dieser Stelle nochmals unser herzlicher Dank ausgesprochen werden soll.

Es dauerte nicht lang, bis WOC sich weiter ausbaute, und sich ein festes Ziel setzte: Unsere Arbeit eines Tages der ganzen Welt zu zeigen! Weltweite Erfolge von Manga- und Animeserien, die Subkultur des "Cosplay" und internationale Conventions zeigten uns, was eine "World Of Comics" noch sein könnte, nämlich eine Welt, in der Fancommunities nationale Grenzen sprengen. Und wir begannen, von einer Welt zu träumen, in der eines Tages Comics ein Medium der Verständigung zwischen Menschen aller Länder und Kulturen sein könnten. Wir waren vielleicht jung und naiv, aber wir träumen heute noch.

 

"A dream worth having is a dream worth fighting for!"
Der beschwerliche Weg nach oben

 

Zitate aus Comics haben Samar Ertsey, der langsam aber sicher in die Rolle des Lehrers und Managers von WOC hineinwuchs (weil niemand sonst so irre war), in seinem Leben oft beeinflußt. Das obige Motto aus einer der erfolgreichsten Superheldenserien aller Zeiten gab den Ausschlag:

Die "WOCler" der ersten zwei Generationen beschlossen, sich gemeinsam nach oben zu arbeiten, und über den reinen Spaß hinauszugehen. 2004 erschien ein erstes kostenloses Heft, das einen Förderpreis erhielt: wir fanden unser erstes zweiwöchentliches Quartier in den Räumen des FestSpielHauses München, und konnten uns so erstmals als tatsächliche Schule verstehen. Der WOC-Treff zog Mitglieder schneller an, als wir zählen konnten. Die Räume des Festspielhauses wurden viel zu bald von uns überlastet.

Zum Comicologischen Congress 2004 durften wir in der "Pasinger Fabrik" unsere erste eigene Ausstellung aufhängen, die ein großer Erfolg wurde, und uns in Kontakt mit dem "Kultur & Spielraum e.V." brachte. Anfang 2005 hielten wir dort unseren ersten gebuchten Zeichenkurs für Einsteiger ab, der uns eine neue Generation von Mitgliedern einbrachte, und zu einer langen und bis heute erfreulichen Zusammenarbeit mit dem "Kultur & Spielraum e.V." führte, der uns seit Ostern 2005 einen Kursraum sponsort.

Zwei Jahre nach unserem ersten Zusammentreffen war so aus einer kleinen Truppe von Comicbegeisterten die erste freie Schule für Comickünstler in Europa geworden. Fast 80 junge ZeichnerInnen hatten sich inzwischen bei uns eingefunden, um von uns den letzten Schliff ihrer vielfältigen Talente zu erhalten. Unser offener Zeichenkurs tagte weiterhin jeden Freitag von 15 bis 18 Uhr, mit festen Räumlichkeiten in der Pasinger Fabrik.

Zum Comicfest 2005 erschienen unsere beiden kostenlosen Anleitungen "Fanzine basteln - leicht gemacht" in denen wir Tips geben, wie man eigene Comics/Manga herausbringt, und die in der Fachpresse mit Begeisterung besprochen wurden.

2006 folgte mit "Nicola, und morgen?" unsere erste Geschichte, als Beitrag zum Wettbewerb "Eine Frage der Ehre" des Jugendinformationszentrums JIZ München, und wurde prompt mit einem Preis geehrt. "Nicola" bewies, daß einige unserer Schülerinnen es mühelos mit den Profis aufnehmen konnten, und so reichte das WOC-Management die ersten Abschlußzeugnisse aus und nahm die Absolventinnen als vollwertige Mitglieder in die Schulleitung mit auf.

Der Erfolg von "Nicola" inspirierte den "Kultur & Spielraum e.V." dazu, einen eigenen Wettbewerb für Anfänger von 7- 15 Jahren auszuschreiben. WOC wurde zum Mitveranstalter von "Familienalbum", und gab den jüngsten Zeichnern aus unseren Reihen die Chance, sich in dem gleichnamigen Begleitheft zu beweisen. Wir sind sehr stolz auf das Ergebnis.

Über diesen Wettbewerb kam WOC in Kontakt mit dem GLOOR-Verlag, und stemmte innerhalb von zwei Monaten die schier unmögliche Aufgabe, ein komplettes Comicalbum in Vollfarbe zu gestalten. Zur Frankfurter Buchmesse 2006 erschien unsere "Manga-Zauberflöte" nach Wolfgang Amadeus Mozart, rechtzeitig zum Mozart-Jahr (zur Leseprobe).

Zusammen mit dem Kulturlabel jourfixe-muenchen.de entstand das Konzept der "Zauberflötenshow", um unsere Bilder mit Mozarts Musik zusammenzuführen.

Die "Zauberflöte" ist Teil 1 der auf sechs Bände angelegten Reihe "Manga meets Classics". Wir haben Tränen (vor Lachen und Weinen), Schweiß (Hochsommer!) und Blut (ein Papercut...) vergossen, um sie fertigzustellen, und müssen zugeben: Den Preis dafür haben wir uns teuer verdient! Damit wurde aber für WOC der Traum von der Anerkennung als Profis endlich wahr. Und es wurde notwendig, eine Entscheidung zu treffen.

WOC stand immer dafür, jeden Künstler als gleichwertig zu akzeptieren. Jedes WOC-Produkt war von Anfang an immer ein Gemeinschaftsprodukt, an dem jeder mitwirken durfte. Doch mit den Herausforderungen professioneller Arbeit erwiesen sich gerade unsere Jüngsten - zumeist minderjährig und schulpflichtig - als letztendlich noch überfordert. Die Schule aufzugeben erschien uns aber falsch.

Hatten unsere Schüler nicht oft genug bewiesen, was sie drauf hatten? Und wenn sich niemand anders um die Ausbildung junger ComiczeicherInnen kümmerte, sollten wir dann wirklich aufgeben? Wir fanden: "Nein!"

Und so haben wir mit sehr gemischten Gefühlen die Schule "WOC - World of Comics" aufgelöst, um Platz zu machen für die nächste Generation. MICS führt die Tradition der freien Schule für Comickunst weiter, von WOC gesponsort und betreut. MICS darf sich aber auch seine ganz eigene Identität aufbauen. Denn aus Kindern werden Leute, und wir wären schlechte Lehrer, wenn wir nicht den Weg freimachten, damit unsere Schüler sich weiterentwickeln und erproben können. Und wir gründeten "WOC - World of Comics" neu, als Kreativstudio der etwas anderen Art.

Seit Früjahr 2019 hat mit Matthias Loibl ein WOCler der dritten Generation nunmehr die Geschäfte übernommen. Tradition ist WOC extrem wichtig, also wird in gewisser Weise vieles beim Alten bleiben,aber uns erwaret eine ganz neue Zukunft, die wir uns so nicht erträumen konnten. Wir sind gespannt, was uns erwartet.